Montag, 29. August 2011

Statt MWST-Reduktion im Tourismus bitte mehr Nachhaltigkeit und Stammkunden-Management!

Seit der Ankündigung des Bundesrates 2 Mia. Franken zur Dämpfung der Folgen der Frankenstärke einzusetzen, läuft das politische Lobbying auf Hochtouren. Die touristischen Verbände, allen voran hotelliersuisse, Schweiz Tourismus und der STV, fordern ein Massnahmenpaket für den Tourismus: Reduktion der Mehrwertsteuer auf 2.5%, Weiterführung Impulsprogramm mit 12 Mio. Franken, Erhöhung der touristischen Innovationsförderung auf 32 Mio. Franken und natürlich die Erhöhung der Bundesbeiträge für Schweiz Tourismus auf 227 Mio. Franken. Erstaunlich ist dabei, dass die Verbände primär ihre langfristigen Forderungen in der politischen Agenda mit Hilfe des starken Franken durchbringen wollen und wenig Gedanken über die kurzfristige Umsetzbarkeit und Wirkung verlieren. So möchte hotelliersuisse am liebsten auch gerade die Liberalisierung der Landwirtschaft wie z.B. die Öffnung des Fleischmarktes. Der Schweizerische Bauernverband hat auf die Vorstösse unmittelbar reagiert und dargestellt, dass selbst bei einer Gratis-Verteilung des Fleisches, sich nur wenig im Preisgefüge für den Konsumenten ändern würde, weil primär Gross- und Detailhandel markante Margen beanspruchen. Der Bauer hat im Schnitt gerade 25% des Verkaufspreises! Auf jeden Fall würde mit einer weiteren Ausdünnung des Bauernstandes und den Folgen der Vergandung dem alpinen Tourismus vom Toggenburg bis ins Goms langfristig ein Bärendienst erwiesen.

Mir fehlen bei dieser Diskussion zwei wichtige Dinge: Nutzung der Situation für die Umsetzung der nachhaltigen Wachstumsstrategie des Bundes und der Einbezug der einzelnen Leistungserbringer über das Stammkundenmarketing. Wenn für die Reduktion der MWST rund 500 Mio. vom Bund eingesetzt werden müssten und letztlich undifferenziert nach dem Giesskannenprinzip verteilt werden, ist Nichts für die Zukunft gewonnen. Ein Nachhaltigkeitsfond zum Umbau des Schweizer Tourismus hinsichtlich Klimaneutralität, Energieverbrauch und nachhaltiger Angebotsgestaltung würde unmittelbar Investitionen  zu gegenwärtig günstigen Zinsen auslösen, die Wettbewerbsposition langfristig stärken. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie wird nie mehr so günstig sein wie jetzt!

Nach wie vor liegt die Schweiz in Sachen Stammkunden-Management im Vergleich zu Österreich weit zurück. Nichts liegt näher, als diesen Management-Gap unmittelbar zu korrigieren mit dem Ziel, die eigenen Stammkunden zu aktivieren und zu behalten und dabei massgeblich Kosten einzusparen! Eine Erosion der eigenen Stammkunden wird der Hotellerie langfristig Schaden und die attraktiven Europriese Verlocken zum "Seitensprung" in benachbarte Euroländer. Unmittelbares Handeln ist angesagt und echte Stammkunden sollten jetzt aktiviert werden zur gratis Mund zu Mund Propaganda, z.B. mit jeder Neukunden-Vermittlung erhält ein Stammkunde 20% Rabatt auf seine Vorausbuchung im Winter. Mit 5 neuen Kunden könnte der Stammkunde sogar gratis kommen und man hätte trotzdem ein Geschäft gemacht: 1. 5 neue zahlende Gäste ohne Akquisitionsaufwand gewonnen, die Auslastung verbessert und nicht zuletzt den Stammkunden behalten! Und jeder Hotelier der wirklich eine wirkungsvolle Stammkundenmassnahme umsetzt soll aus dem "500 Mio. Fond" im Frühjahr 2012 ein Fixbetrag von CHF 10'000.- zurückerstattet erhalten. Wenn alle Hotels mitmachen würden, würden 50 Mio. Franken benötigt, d.h. grade mal 10% der Summe für die MWST-Reduktion! Die Wirkung wäre aber ein x-faches höher!

Also liebe Verbandstouristiker: Mehr Phantasie, mehr Nachhaltigkeit und mehr Nähe zum Leistungsträger ist gefragt, wenn nicht die anderen Branchen die lachenden Dritten sein sollen.

Herzlichen Gruss


Frank
Eye-on-tourism